KiGo nach Corona

Kindergottesdienst nach Corona

Kennen Sie das? Kindergottesdienst ist wieder möglich, aber es fehlen … Kinder?

Im Kindergottesdienst Harscheid ist es uns so ergangen. Unsere kleine Gruppe war durch Corona noch kleiner geworden. Kinder blieben weg oder waren aus dem Kindergottesdienstalter herausgewachsen. Corona + Generationenwechsel – unser Kindergottesdienst stand kurz vor dem Aus.

Angeregt durch eine Presbyterin entschlossen wir uns, in die Offensive zu gehen: Wir wollten aktiv auf Familien zugehen. Gleichzeitig machten wir uns Gedanken, wie wir unser Kindergottesdienstangebot für Familien so praktikabel und attraktiv wie möglich gestalten könnten.

Mittlerweile feiern wir sonntags wieder mit sechs bis zwölf Kindern (zuzüglich ein paar Mamas und Papas) Kindergottesdienst.
Unser Vorhaben ist geglückt, und ich möchte die einzelnen Schritte unseres Vorgehens im Folgenden beschreiben. Vielleicht finden Kindergottesdienst-Gruppen darin Anregungen für ihre Vorhaben.

Adressen von Familien mit Kindern

Zunächst wandten wir uns an das Kirchenbüro und baten darum, uns die Adressen von Familien aus dem Einzugsbereich unserer Kirche mitzuteilen. Wir nannten die gewünschten Ortschaften rund um die Kirche und die “Jahrgänge” – in welcher Zeitspanne also die Kinder geboren sein sollten.

Gezielt fragten wir nach Familien, die Kinder im Alter von vier bis acht Jahren haben, weil wir die Kindergottesdienstgruppe “von unten” neu aufbauen wollten.

In der Excel-Datei vom Kirchenbüro standen sowohl Familien, bei denen beide Eltern Gemeindemitglieder sind als auch Familien, bei denen nur ein Elternteil Mitglied der Gemeinde ist.

Dass mit den Daten verantwortungsvoll umzugehen ist, d.h. dass sie ausschließlich für den genannten Zweck genutzt werden dürfen, versteht sich von selbst.

Werbematerial gestalten

Bei den “Haustürbesuchen”, die wir vorhatten, ist es von großem Vorteil, einen Flyer oder ähnliches zu haben, den man den Eltern in die Hand geben und gegebenenfalls in den Briefkasten werfen kann.

Was das Abdrucken von Fotos aus dem Kindergottesdienst betrifft, hatten wir uns die Erlaubnis von den Eltern geholt. Günstig sind natürlich Fotos, die nicht direkt die Gesichter der Kinder zeigen.

Wir sprachen die Eltern in dem Flyer über einen “Brief” persönlich an (siehe Flyer unten) und setzten unter den Brief Fotos und Telefonnummern von zwei Mitarbeiterinnen. Die Eltern sollten sich unter unserem Angebot konkret etwas vorstellen können und dieses mit “Gesichtern” verbinden können.

Wir wollten außerdem die Hürde, zum Kindergottesdienst zu kommen, so niedrig wie möglich halten und machen deshalb in dem Flyer deutlich:

  • Wir erwarten keine regelmäßige Teilnahme. Die Familien sollen sich in ihrer Planung des Sonntags frei fühlen.
  • Auch Eltern oder Großeltern sind willkommen. Das gibt Eltern die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von unserem Angebot zu machen (und ggfs. das Angebot als ein willkommenes “Familienprogramm” zu betrachten).
  • Kindergottesdienst findet in Harscheid parallel zum Gottesdienst statt, auch in den Ferien. Das vereinfacht für Familien die Planung: Sie brauchen nur die Information, ob Gottesdienst stattfindet, um zu wissen, ob auch Kindergottesdienst stattfindet.

Flyer “Kindergottesdienst in Harscheid”

Vorankündigung mit Postkarte

“Haustürbesuche” vom Kindergottesdienst – ist das nicht aufdringlich?
Das war auch unsere Sorge, und deshalb hatten wir einen Puffer eingebaut, der es den Familien ermöglichte, unseren Besuch abzusagen:

Anfang der Woche verschickten wir eine Postkarte (fröhliche Postkarten von Eric Carle). Vorbereitete Etiketten haben wir auf die Postkarten aufgeklebt. Darauf waren Mobilnummer und E-Mail-Adresse der Mitarbeiterin angegeben, die den Besuch machen wollte. Dies ermöglichte den Eltern, uns zu kontaktieren, wenn sie keinen Besuch wünschten.

Davon wurde auch Gebrauch gemacht: Wir erhielten vereinzelt E-Mails, WhatsApp-Nachrichten oder SMS mit dem Hinweis, keine Zeit / keinen Bedarf zu haben, mit Nachfragen oder mit der Bitte, zu einem anderen Termin  vorbeizukommen.
In der Regel blieben mehrere Familien pro Ort, die nicht  geantwortet hatten und zu denen wir uns auf den Weg machten.

Haustürbesuche

Die Besuche waren so unterschiedlich, wie eben Menschen unterschiedlich sind. In seltenen Fällen wurden wir in die Wohnung gebeten, meist wurden an der Haustür ein paar Worte gewechselt und der Flyer übergeben (oder dieser, wenn keiner zu Hause war, in den Briefkasten geworfen).

Der persönliche Kontakt bewirkt viel. Man hat sich kennengelernt, die Eltern verbinden mit dem Kindergottesdienst ein Gesicht, mögliche Bedenken können ausgeräumt werden, wie z.B. ob ein Getauftsein des Kindes erforderlich wäre.
Kommen die Kinder in den Kindergottesdienst, hat man auch als Mitarbeiterin zu der Familie schon einen anderen Kontakt, kennt den Ort, das Umfeld, wo sie wohnen und kann die Eltern persönlicher ansprechen.

In ganz seltenen Fällen ergaben sich in den kurzen Begegnungen sogar Glaubensgespräche. Bei kirchenskeptischen Eltern konnten wir deutlich machen, dass Kirche das eine, das Kennenlernen biblischer Geschichten für Kinder das andere ist – und wir es aus eigener Erfahrung für unendlich wertvoll ansehen.

Die ersten Kindergottesdienste

Natürlich war es spannend und ungewiss, wie viele Kinder zu den ersten Kindergottesdiensten kommen würden. Wir achteten darauf, dass möglichst die Mitarbeiterinnen dabei waren, die auch die Besuche gemacht hatten.

Vor lauter Spannung auf die neuen Kinder darf man die Kinder, die schon lange zum Kindergottesdienst kommen, nicht vergessen. Man kann sich z.B. besondere Aufgaben für sie überlegen, denn sie sind nun die “alten Hasen”, die den jüngeren Kindern bei manchen Dingen helfen können.

In der Kirche hatten wir eine Art “Leitsystem” mit Luftballons zu den Räumen des Kindergottesdienstes gemacht. Das sollte Eltern erleichtern, den Weg zu finden, auch dann, wenn sie selbst im parallel stattfindenden Gottesdienst nicht bleiben, sondern nur ihr Kind bringen wollten.

Kindergottesdienst-Themen

Wir nahmen uns die Freiheit, unabhängig vom KiGo-Material der Gemeinde die Themen so auszuwählen, wie sie uns für einen Einstieg günstig erschienen und wie sie auch auf dem Flyer für die Eltern attraktiv aussehen (siehe Flyer).
So griffen wir beispielsweise aus dem EKD-Kindergottesdienstplan die Anregung auf, in der Adventszeit mit den Kindern ein Backprojekt durchzuführen.

Mit dem Pfarrer vereinbarten wir, dass wir im Familiengottesdienst im Advent kein Krippenspiel machen würden. Wir wollten, dass die Kinder erst einmal ankommen.
Es gibt andere Möglichkeiten, wie der Kindergottesdienst etwas zu den Familiengottesdiensten beisteuern kann; z.B. das Verteilen von Plätzchen an die Gemeindemitglieder oder das Erzählen von Eindrücken aus dem neu gestarteten Kindergottesdienst, an dem die Gemeinde ja wohlwollend Anteil nimmt.

 

Interessante Erfahrungen

Die interessanteste Erfahrung ist für uns, dass einige Eltern gerne an unserem Kindergottesdienst teilnehmen, und dies nicht nur, weil sie ihrem Kind den Einstieg erleichtern möchten, sondern weil es ihnen gefällt, dieses Angebot sonntagmorgens mit ihrem Kind / ihren Kindern gemeinsam zu erleben.
Vielleicht ist der Kindergottesdienst für manche Eltern eine indirekte Hilfe, mit ihrem Kind zu singen, zu beten und über das Gehörte zu sprechen.

Uns freut das, und in manchen Phasen ist es auch sehr hilfreich, wenn man z.B. die Kinder in kleinen Grüppchen eine Geschichte nachspielen lässt und so jemanden dabei hat, der ein Auge auf sie hat, oder wenn man beim Basteln ein paar helfende Hände gebrauchen kann (solange die Väter nicht die Bastelaufgabe komplett für ihr Kind erledigen … ♥).

Unsere Sorge, dass durch unsere Werbeaktion vielleicht zu viele Kinder kommen, so dass wir die Aufgabe nicht mehr bewältigen können, hat sich nicht bestätigt; zumal auch nicht immer alle Kinder kommen.

Ausblick

Im nächsten Jahr wollen wir an die vorhandenen Adressen, sofern uns die Familien nicht explizit mitgeteilt hatten, kein Interesse zu haben, eine neue Einladung mit den neuen Themen verschicken. Vielleicht gibt es Familien, die durchaus Interesse haben, aber erst bei einer zweiten Einladung das Angebot ergreifen.

Langfristig glaube ich, dass sich durch das Kindergottesdienstangebot für die Familien auch eine stärkere Bindung zur Gemeinde einstellen wird. Beim Familiengottesdienst an Erntedank, zu dem wir eingeladen hatten, kamen alle “Kindergottesdienstfamilien”, Kinder wie Eltern.

 

 

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Schreiben Sie mir gerne!
verena.tillessen@ekir.de